Auch ein mächtiges Unwetter, das am Freitagnachmittag den Servicepark der Rallye Weiz verwüstete, fast alle Teamzelte des ADAC Opel Electric Rally Cup „powered by GSe“ zerstörte und für den Unterbruch der gesamten Rallye bis am anderen Morgen sorgte, hat Luca Pröglhöf nicht von seinem dritten Saisonsieg im ersten elektrischen Rallye-Markenpokal weltweit abhalten können. An der Seite seiner Beifahrerin Christina „Dina“ Ettel zeigte der 24-Jährige Österreicher bei seinem Heimspiel eine phänomenale Leistung, war in zehn der elf Wertungsprüfungen der Schnellste und hatte im Ziel am Samstagabend einen Vorsprung von 2:11 Minuten auf die Zweitplatzierten, die Franzosen Anthony Rott und Hervé Faucher. Den dritten Rang belegte das spanische Duo Alex Español Jove/Patricia Sáiz Ruiloba.
„Mission erfüllt“, jubelte Pröglhöf, der seinen Vorsprung in der Gesamtwertung zur Saisonhalbzeit auf 31 Punkte vergrößerte. „Wir hatten uns bestmöglich vorbereitet, haben viele Onboards aus dem letzten Jahr studiert und einen perfekten Aufschrieb erstellt. Wir kamen rasch in den Rhythmus und konnten eine hohe Pace gehen, ohne zu sehr ins Risiko gehen zu müssen.“ Besonders bemerkenswert: In der neunten Wertungsprüfung legte der Österreicher in seinem nur 136 PS starken, aber über ein maximales Drehmoment von 260 Newtonmeter verfügenden Corsa Rally Electric die zehntschnellste Zeit im Gesamtfeld hin. Pröglhöf/Ettel ließen dabei teils doppelt so starke Allradler hinter sich! „Bergab heißt es einfach: Feuer frei!“, lacht Pröglhöf. „Der Corsa Rally Electric liegt einfach fantastisch, und nach drei Jahren vertraue ich mir und dem Auto auch so voll, dass ich in diesen Passagen ans Limit gehen kann. Es hat wieder mega Spaß gemacht.“
Auch Rott war wieder mit seiner Leistung zufrieden – doch der Elsässer will mehr: „Wir hatten uns sehr gut auf die Rallye Weiz vorbereitet, nachdem es letztes Jahr hier nicht so gut gelaufen war. Ich habe viel von Hervés Erfahrung profitiert. Wir haben ein gutes Gefühl für die wechselnden Grip-Verhältnisse gefunden und uns im Auto wohlgefühlt. Jetzt hoffen wir, dass wir es in Stemwede noch ein bisschen besser machen und unserem Freund Luca mehr Druck machen können.“ Sito Español rückte mit dem Podestplatz auf Rang 3 der Gesamtwertung nach vorne: „Es war eine schwierige Rallye, wir haben uns am ersten Tag schwergetan, unseren Rhythmus zu finden. Die letzten Rallyes daheim waren nicht einfach, aber mit jeder Prüfung ging es besser. Gratulation an Luca, er war hier unschlagbar. Aber alles in allem bin ich auch mit meiner Leistung zufrieden.“
Einen herben Rückschlag in der Tabelle musste derweil Bendegúz Hangodi hinnehmen. Der Ungar rutschte bereits im Shakedown, einem freien Training am Donnerstag, so heftig von der Strecke, dass der Corsa Rally Electric irreparabel zerstört wurde. Trotz des harten Einschlags blieb die aus 216 Zellen bestehende Serienbatterie des Elektro-Renners unversehrt und kann in einem neuen Fahrzeug wieder verwendet werden. Einmal mehr schnell unterwegs, aber vom Pech verfolgt waren Christian Lemke und Jan-Eric Bemmann, die lange auf dem zweiten Rang lagen, als Einzige neben Pröglhöf/Ettel eine Bestzeit markierten, aber wegen eines Problems am Klimakompressor nicht ins Ziel kamen.
Schnellste Dame im Feld der flotten Stromer war diesmal die Belgierin Lyssia Baudet, die erstmals mit der Französin Lea Sam-Caw-Frève auf dem heißen Sitz antrat. Die vom belgischen Automobilverband RACB unterstützte Baudet belegte am Ende Rang 4 vor den französischen FFSA-Förderpilotinnen Emma Chalvin/Emy Ailloud-Perraud, die damit ihren vierten Platz in der Zwischenwertung behielten. „Die erste Rallye mit Lea ist super gelaufen“, freute sich Lyssia Baudet. „Die Rallye war wegen der stetig wechselnden Grip-Verhältnisse sehr anspruchsvoll, aber wir sind immer besser zurecht gekommen. Ich freue mich sehr, dass wir einmal eine Rallye ohne Probleme ins Ziel bringen und unseren Speed zeigen konnten. Der vierte Platz ist klasse, aber richtig happy bin ich erst, wenn es noch ein bisschen weiter nach vorne geht.“
Einen großartigen Eindruck hinterließ auch der Österreicher Matthias Walkner. Sieben Monate nach seinem schweren Trainingssturz in Kalifornien noch immer an Krücken gehend, setzte sich der Gewinner der Motorrad-Wertung der Dakar-Rallye 2018 an der Seite von Copilot Thomas Haider bei seiner erst zweiten Automobil-Rallye blendend in Szene und war als Pilot des Vorausfahrzeugs sehr flott unterwegs. „Es war mir ein reines Vergnügen, zum ersten Mal seit meinem Unfall bei dieser tollen Rallye starten zu dürfen“, so Walkner. „Ich muss sagen, dass dieser elektrische Rallye-Markenpokal mit all seinem Drumherum sehr gut funktioniert. Wir haben uns perfekt aufgehoben gefühlt und hatten mega viel Spaß. Ich war positiv überrascht, wie gut ausbalanciert der Corsa Rally Electric ist. Mit jedem Kilometer haben wir uns besser im Auto zurecht gefunden und mehr und mehr Selbstvertrauen aufgebaut. Ich freue mich auf hoffentlich mehr!“
Auch Journalist Reiner Kuhn und Copilotin Ilka Minor kamen beim ersten Einsatz im Corsa Rally Electric gut klar – zumindest nach einem kleinen Mauerkuss bereits in der ersten Wertungsprüfung. „Danach haben wir es ein bisschen ruhiger angehen lassen“, schmunzelte der erfahrene Rallye-Schreiber. „Als ich mich ans Auto gewöhnt hatte und mehr Sicherheit bekam, wuchs auch der Spaß. Ich habe mein Ziel erreicht und das Auto heil ins Ziel gebracht. Eigentlich müsste die Rallye jetzt für mich beginnen.“
Der fünfte Lauf zum ADAC Opel Electric Rally Cup „powered by GSe” geht am 9./10. August im Rahmen der ADAC Rallye Stemweder Berg rund um Lübbecke über die Bühne. Einen Bericht sowohl von der Rallye Weiz als auch der Rallye Stemweder Berg zeigt der TV-Sender n-tv am Sonntag, 11. August, um 11.15 und 19.15 Uhr.
Punktestand ADAC Opel Electric Rally Cup “powered by GSe” nach 4 von 8 Läufen
1. Pröglhöf 130 Punkte. 2. Rott 99. 3. Español 74. 4. Chalvin 68. 5. Hangodi 64. 6. Baudet 48. 7. Lemke 42. 8. Pottier 38. 9. Melse und Wittenbeck, je 37. 11. Kamermans 16. 12. Bayer 14.