„Ein wahrgewordener Kindheitstraum!“

In einem einzigartigen Schul-Projekt führt Rallyefahrer Luca Pröglhöf technikbegeisterte junge Menschen im ADAC Opel Electric Rally Cup hautnah an die Praxis heran.

Jungen Menschen in technischer Berufsausbildung eine weitere Facette ihres Schaffens sowie eine mögliche Zukunftsperspektive aufzuzeigen und ihnen dabei die Faszination Motorsport zu vermitteln, das hat sich der österreichische Rallyefahrer Luca Pröglhöf zum Ziel gesetzt – und dabei bei der HTL Mödling offene Türen eingerannt. Die Höhere Technische Bundeslehr- und Versuchsanstalt in der Wiener Agglomeration ist mit rund 3500 Schülern eine der größten Lehreinrichtungen Europas.

Pröglhöf, einst selber Student an der HTL, nahm dabei vor allem die Maschinenbauer mit Schwerpunkt Fahrzeugtechnik ins Visier und schrieb für die Klassen 3 und 4 ein besonderes Projekt aus: Jeweils zwei Schüler dürfen als Hilfsmechaniker bei einem Lauf zum ADAC Opel Electric Rally Cup „powered by GSe“ am Corsa Rally Electric des momentanen Tabellenführers und seiner Beifahrerin Christina „Dina“ Ettel mitschrauben und ihre erworbenen Kenntnisse in der Praxis vertiefen.

„Das Projekt ist in meiner eigenen Schulzeit an der HTL geboren worden“, erzählt der 24-Jährige. „Gemeinsam mit einigen Freunden haben wir das Rookie Rallye Team gegründet und damit unsere ersten Schritte gemacht. Anlässlich eines Tags der offenen Tür der HTL habe ich einen meiner alten Professoren wiedergetroffen, und im Gespräch sind wir darauf gekommen, dass ein gemeinsames Projekt eine tolle Sache wäre, auch um einen Anreiz und Lohn für die Schüler zu schaffen. Also mache ich es jetzt ganz ähnlich, wie wir es mit dem Rookie Rallye Team gemacht haben, und versuche, jungen Menschen praktische Einblicke zu ermöglichen. Das Projekt läuft unter dem Motto: Young people working for the future.”

Das Interesse bei den Schülern ist riesengroß. „Nicht nur bei den Schülern, auch bei den Eltern und Lehrern. Und das Projekt genießt auch sehr hohe mediale Aufmerksamkeit“, freut sich Pröglhöf. „Das Projekt bewegt. Und ich weiß aus erster Hand: Es braucht nicht nur schnelle Fahrer im Motorsport, sondern auch eine perfekte technische Betreuung und ein gutes Netzwerk. Es funktioniert sehr gut, und es macht eine Riesenfreude, die Schüler ein Stück auf ihrem Weg zu begleiten. Und dabei macht es keinen Unterschied, ob es Jungs oder Mädchen sind. Die meisten machen einen tollen Job!“

So wie Catarina (17) und Vanessa (18), die für die Rallye Vosges Grand-Est, den dritten Lauf des ADAC Opel Electric Rally Cups 2024, den Zuschlag erhielten und ihren Piloten auf Anhieb zu überzeugen wussten. „Du merkst ja sofort, aus welchem Holz jemand geschnitzt ist“, sagt Luca. „Und bei den zwei wusste ich sofort: Die haben keine Angst, sich die Hände schmutzig zu machen, die wollen das hier wirklich. Und dass sich immer mehr Mädchen für technische Berufe interessieren, ist generell eine sehr erfreuliche Entwicklung.“

Die beiden jungen Frauen wurden schon früh mit dem Motorsport-Bazillus infiziert und waren sofort Feuer und Flamme für Pröglhöfs Projekt. „Nach der Anmeldung waren wir einen Tag in Lucas Firma Abocar, um Fahrzeug und Team kennenzulernen. Wir haben einen Standard-Service durchgespielt, so wie er bei der Rallye auch zu erwarten ist. Und nach einem Ausbildungstag zum Thema Elektrofahrzeuge beim österreichischen Automobilclub ÖAMTC ging’s ab nach Frankreich“, erzählt Vanessa, die regelrecht ins Schwärmen gerät: „Jetzt hier zu sein, ist ein wahrgewordener Kindheitstraum!“

Catarina ist ebenfalls begeistert von ihrem Rallye-Einstand: „Die Stimmung im Servicepark ist toll, wir haben viel Spaß und verstehen uns gut. Alles ist perfekt organisiert, und wir lernen wirklich viel. Der Corsa Rally Electric ist ja nicht so serviceintensiv, aber wir helfen eben überall, wo Not am Mann ist.“

Von der Theorie in die Praxis – das ist das Konzept des Projekts, was auch von den Schülerinnen und Schülern geschätzt wird. „Daheim lernen wir die Grundlagen, hier deren Anwendung – und das unter Druck, denn es geht ja für Luca und Dina um einiges. Wir wollen dem Team helfen, das ist das Ziel“, sagt Vanessa, die wie Catarina zu jenen etwa 10 Prozent Mädchen gehört, die an der HTL Mödling im Bereich Fahrzeugtechnik lernen.

Einen gewissen Sonderstatus spüren die jungen Frauen in diesem männlich dominierten Umfeld noch immer. „In der ersten Klasse war’s schlimmer, weil die Jungs da voll in der Pubertät steckten“, schmunzelt Vanessa. „Mittlerweile haben wir eine gute Klassengemeinschaft. Blöde Sprüche prallen eh an mir ab. Nur daran, dass wir in der Werkstatt keine Damentoilette haben und immer in ein anderes Gebäude gehen müssen, spürt man, dass man zu einer gewissen Minderheit gehört.“

Auch Catarina hat sich längst in der vermeintlichen Männerdomäne etabliert: „Die Sprücheklopfer sind eh meistens solche, die’s am Ende nicht schaffen, weil sie selber nicht gut genug sind.“ Und Vanessa hat einen weiteren positiven Effekt des gemischt-geschlechtlichen Lernens ausgemacht: „Die Dynamik ist eine andere. Die Jungs benehmen sich einfach besser …“